Anna Lichtenstein

Jäger, Diener und Vermeider

Die drei Angstvermeidungsstrategien in Konfliktsituationen 

 

Vorwort

„Schreib mir bitte ein Vorwort aus dem Bauch heraus.“ Mit dieser Bitte hat Anna wie mit vielen ihrer Äußerungen den Finger in die Wunde gelegt und gleichzeitig meinen Ehrgeiz geweckt.  Gern möchte ich ihr, deren Arbeit ich bewundere, den Wunsch erfüllen. Die Anfrage ehrt mich. Aber ich sehe mich selbst als Wissenschaftlerin, die alles 27 mal zerdenkt, ehe sie anfängt zu formulieren – oder eben gar nicht formuliert. Hätte ich bisher gut aus dem Bauch herausschreiben können, stünde unter diesem Vorwort ein Name mit Doktortitel. Dank Annas Arbeit bin ich zuversichtlich, dass der Titel noch kommt – vielleicht bis zur Veröffentlichung des nächsten Buches. Anna hat mich in ihren bisherigen drei Büchern gelehrt, dass wir nicht unsere Glaubenssätze sind – dass wir unsere Verhaltensmuster umprogrammieren und unser Softwareupdate erfolgreich umsetzen können. Vor drei Jahren hätte ich den Kopf über solche Zeilen und über Annas Texte geschüttelt. Dann überrannte mich eine Krise und ich fing an, mein Leben zu hinterfragen und neu zu ordnen. Das Softwareupdate ist in vollem Gange – dank vieler inspirierender Menschen, zu denen auch Anna gehört. So schreibe ich frei aus dem Herzen heraus und muss nicht lange nachdenken, um auszudrücken, was mich an Anna fasziniert. 

Sie tut das, was mir bisher schwerfiel – sie folgt ihrer Intuition und nutzt ihr Potenzial kreativ und produktiv. Ängste hindern sie nicht zu schreiben, zu sprechen und neue Wege zu gehen. Sie verbindet in diesem Buch ihre Expertise als Sprechwissenschaftlerin mit ihren Erfahrungen aus dem Coaching. Kommunikation und Psychologie hängen eng zusammen, wie Anna anhand ihrer Typologie von Jäger, Diener und Vermeider aufzeigt. Sie regt zur Reflexion über eigene Kommunikationsmuster und dahinterliegende Glaubenssätze an. Wer sich versteht, kann sich verändern. Anna gibt praktische Tipps, wie sich Verhaltensmuster verändern lassen und Kommunikation gelingen kann.

Es ist doch eine schöne Vorstellung, demnächst ganz souverän zu reagieren, wenn wir an der Kaffeetafel aufgefordert werden, mehr Kuchen zu essen, obwohl wir das genauso wenig wollen, wie zusätzliche Arbeit anzunehmen. Wie auch immer die persönliche Reaktion auf derartige Fragen und Aufforderungen ausfallen mag, Annas Buch hilft, sich zu ertappen, sich in Selbstliebe zu üben und zu neuen Verhaltensweisen zu kommen. Der Ansatz, dass wir gut beraten sind, beim Schreiben und Sprechen unserer Intuition zu folgen, ist wohl nicht nur für Wissenschaftler:innen hilfreich. In diesem Sinne – aus dem Bauch heraus: Viel Spaß bei der Lektüre!

Christiane Kirmse 

Zu verstehen, warum Menschen machen, was sie machen, und sagen, was sie sagen, sind für mich 80 Prozent einer guten Lösung innerhalb eines Konfliktes. Wer versteht, der kann handeln. Wer nicht versteht, der kann nur raten, reagieren aus Erfahrung (meist unserer Prägung) oder sich angegriffen fühlen“ 

Kapitel 1

Allgemein

Zur besseren Veranschaulichung von Verhaltensmustern habe ich drei bildhafte Spielarten der Kommunikation herausgearbeitet. Ich nenne sie Jäger, Diener und Vermeider.

Es scheinen recht zugespitzte Titel zu sein, jedoch einfach aus dem Gedanken heraus, dass sie sich so besser einprägen. Der Jäger verdeutlicht die Zielorientiertheit, die Tendenz, über Leichen zu gehen, und die hohe Energie, mit der er zum Ziel zu kommen versucht. Außerdem verdeutlich er den starken Fokus auf sein Gegenüber. Der Diener steht sinnbildlich für einen Menschen, der andere oft über sich selbst stellt, sich aufopfert, abbuckelt und ebenfalls seinen Fokus auf dem Gegenüber hat. Zuletzt der Vermeider, der das immerwährende gute Gefühl sucht, Konflikten und Konfrontationen aus dem Weg geht, wegläuft oder passiv-aggressiv Menschen von sich fernhält.

Diese drei Spielarten der ungünstigen Kommunikation speisen sich allesamt aus einem Angstmuster heraus. Im Prinzip könnte man die drei Muster auf „fight, flight or freeze“ runterbrechen – kämpfen, wegrennen oder tot stellen. Es sind ganz natürliche Verhaltensmuster unseres Körpers, die unter Stress aktiviert werden. Und diese sind in tatsächlichen Todessituationen absolut hilfreich, weswegen sie in uns Menschen evolutionsbiologisch immer noch aktiv sind. In Kommunikationssituationen sind diese Reaktionen jedoch nicht mehr förderlich. Sie stehen uns regelrecht im Wege. Es ist also nicht nur interessant, seine persönliche Stressreaktion zu erforschen, sondern auch die seiner Mitmenschen, denn es lässt sofort Empathie und Mitgefühl entstehen. Es lässt uns ein Verständnis für das „emotionale Thema unter dem sachlichen Thema“ erhalten und dadurch die Situation im Kern lösen, und nicht nur an der Oberfläche. 

In den ersten Kapiteln habe ich die Verhaltensmuster, die Stärken und Schwächen, die Motivation und vor allem das Wachstumspotenzial der drei Verhaltensweisen herausgearbeitet. Wohlgemerkt, ich versuche hier, ein Gesamtbild zu zeichnen. Es kann sehr wohl sein, dass du dich nicht in allen Punkten wiederfindest. Weiterhin ist es gut möglich, dass du die jeweilige Art des Kommunikationsstils nur in gewissen Situationen oder bei gewissen Menschen anwendest, die eben genau diesen inneren Stress in dir verursachen. Du wirst dich also vielleicht punktuell in allen drei Muster wiederfinden.

Danach gehe ich noch auf „Mischtypen“ ein, die sich innerhalb einer Situation tatsächlich in ihrer Gesamtheit aus verschiedenen Kategorien bedienen. 

Zum Schluss werde ich mich allgemeingültige Kommunikations-Skills beziehen und dir einen Leitfaden für Konflikte an die Hand geben, welche du – unabhängig davon, welcher Typ vor dir ist oder welches Kommunikationsmuster dich am ehesten repräsentiert – anwenden kannst.

Ich betone nochmals: Ausnahmen bestätigen die Regel. Wie jedes Modell hat natürlich auch dieses seine Tücken. Es ist letztendlich egal, ob du dich, dein Team oder schlicht dein Gegenüber nur punktuell in den einzelnen Mustern entdeckst. Nimm dir dann in der Auflösung das heraus, was dir weiterhilft. 

Wie bereits erwähnt beleuchte ich viele Führungssituationen, aber ebenso private Dynamiken. Diese sind auch für Nicht-Führungskräfte oder Angestellte höchst interessant, da ich darauf eingehe, wie man mit einem ungünstigen Führungsverhalten kommunikativ umgehen kann. 

Ich bediene mich in meinen Erläuterungen meist der männlichen Form, da ich uns Frauen genügend Abstraktionsvermögen zuschreibe, sich in den Kategorien selbst wiederzufinden, und weil ich es entspannter für den Lesefluss finde. Also sieh mir nach, dass ich Gendern weitestgehend vermeide. Weiterhin bewege ich mich oft in der direkten Ansprache, die ich bevorzuge. Fühl dich auch dort nicht unbedingt angesprochen, wenn du dich in der Kategorie nicht wiederfindest.

„In der Ära der Künstlichen Intelligenz dürfen wir uns fragen, was uns als Menschen überhaupt noch wertvoll macht. Für mich gehört eine deeskalierende Kommunikation dazu, die Kompetenz, seine Gefühle auszusprechen, sich emotional zu zeigen, Empathie, Mitgefühl und Liebe zu kommunizieren, Gemeinsamkeiten im Gespräch zu finden und Menschen in ihre Kraft und aus ihrem Drama zu hebeln.

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