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Kennst du deine Wirkung auf Andere?

Ein wunderbares Interview mit Katharina Schenk – Sekretärin vom Thüringer Innenminister – und Kundin bei mir im Stimm- und Sprechtraining. Danke Frau Schenk für Ihre wertvollen Gedanken!

Hallo Frau Schenk – würden Sie sich uns kurz vorstellen?

Als Wahl-Altenburgerin lebe ich seit 2018 mit meinem Mann und unseren zwei Kindern in der Residenzstadt. Aufgewachsen bin ich in Leipzig, hier habe ich – abgesehen von zwei Auslandsaufenthalten – auch die Schule besucht und mein Masterstudium der Philosophie abgeschlossen. Nach beruflichen Stationen im Journalismus und in der Stadtverwaltung in Altenburg bin ich inzwischen beruflich in Erfurt tätig. Als Staatssekretärin im Innenministerium geht es in meiner Arbeitswoche um die Lage der Kommunen in Thüringen. Das ist eine schöne Aufgabe, denn in den Kommunen wird es schnell konkret.

Ich bin schon seit meiner Studienzeit politisch aktiv. Meine politische Heimat habe ich in der SPD gefunden. Gegenwärtig kümmere ich mich ehrenamtlich um die Belange der Kreistagsfraktion im Altenburger Land und bin Vorsitzende meines SPD-Kreisverbandes.

Frau Schenk – sie sind vor kurzem zum zweiten Mal Mutter geworden und nach 2 Monaten sofort wieder in den Berufsstress eingestiegen. Wieso investieren Sie ihre ohnehin schon kostbare Zeit in Stimm-, Sprech- & Präsentationstraining?

Weil es eine wesentliche Grundlage meiner Arbeit ist Dinge verständlich zu präsentieren und durch konstruktive Gespräche Lösungen für oft komplexe oder zumindest vielschichtige Probleme zu erreichen. Es ist sozusagen ein grundlegendes Handwerkszeug und es wäre sträflich ausgerechnet an dieser Stelle zu sparen. Im Gegenteil: Ich bin sogar fest davon überzeugt, dass wir gerade als Politiker: innen zur Kenntnis nehmen müssen, dass das „wie“ weit vor dem „was“ ankommt, wir uns also Lösungsvarianten verbauen, in dem wir schlecht kommunizieren.

Warum wählten Sie lieber das Eins zu Eins- Training, als ein größeres Seminar?

Ich halte es für effizienter, denn die Sprache und Stimme ist doch sehr individuell. So bleibt Raum ganz konkret nur auf mich einzugehen, was die Lernkurve aus meiner Sicht ungemein steigert. Für mich ist es zudem leichter in den Kalender einzupflegen, wenn man die Termine nach den eigenen Arbeitswochen anpassen kann.

Ich habe bereits viele Seminare zu ganz unterschiedlichen Themen in der Gruppe erlebt. Oft ist das auch ein sehr produktiver Prozess, es kommt aber eben ganz auf das Thema an. Wenn es um die konkrete Qualifizierung einer persönlichen Eigenschaft wie der Stimme geht, so halte ich den „von anderen lernen“ bzw. den Gruppeneffekt für sehr überschaubar. Es sind doch oft ganz persönliche Erfahrungen und Angewohnheiten, die einen von einer guten Präsentation oder einem sicheren Auftritt trennen.

Wie hängen ihrer Meinung nach die Stimme und das Sprechen mit der Außenwirkung zusammen?

Die Verbindung lässt sich wohl kaum hoch genug einstufen. Ich höre mir zum Beispiel schon seit meiner frühsten Jugend an, dass ich viel zu schnell spreche, was im Allgemeinen mit Aufregung und Nervosität in Verbindung gebracht wird. Ich war aber meist überhaupt nicht aufgeregt, im Gegenteil, gerade als junges Mädchen war ich eher der Typ „Mir doch egal, was andere denken“ und habe einfach gemacht, was ich für gut hielt –inklusive kunterbunter Haare und Undercut. Die Zuschreibung „aufgeregt, unsicher, nervös“ aber blieb. Das hat mich oft richtig wütend gemacht. Mir wurde an diesem Beispiel sehr deutlich, dass die Art und Weise wie man spricht eine kaum zu unterschätzende Wirkung auf das Gegenüber hat, die man auch nicht durch das was man sagt einfangen kann. Es ist also notwendig zumindest in wichtigen Gesprächssituationen vorher auch zu bedenken, wie man wirkt. Jeder hat ja quasi ein „Normal-Null“ – das für sich zu kennen und dann darauf für folgende Gespräche die richtigen Konsequenzen zu ziehen halte ich für einen wichtigen Prozess. 

Können Sie ein Beispiel aus Ihrem Berufsalltag machen, wo Sie das schon selbst erfahren haben?

Wahrscheinlich könnten die, mit denen ich spreche zur Beantwortung dieser Frage einen ebenfalls sehr interessanten Beitrag leisten. Ich will mal auf ein positives Beispiel eingehen. Im vergangen Jahr haben wir ja hauptsächlich über Videokonferenzen oder Telefonschalten beraten. Das war oft herausfordernd, denn politische Lösungen beruhen auch auf Vertrauen. Da ich quasi gleichzeitig mit der Pandemie meinen neuen Job angetreten bin, kannte ich viele Verantwortungsträger: innen überhaupt nicht und wollte trotzdem gemeinsam mit Ihnen arbeiten. Da bliebt dann nur – Telefon, Videoschalte. Hier habe ich wahrgenommen, dass es trotzdem gelingen kann mit der richtigen Sprechweise die Menschen davon zu überzeugen, dass sie gehört und ihre Probleme und Anregungen aufgenommen werden. Durch Video ist ja alles irgendwie gedämpft, es gibt kein direktes Feedback. Mir hat es sehr geholfen mir das immer wieder zu vergegenwärtigen und dann einfach etwas engagierter und enthusiastischer zu sprechen, als man das vielleicht tut, wenn man jemandem direkt gegenübersitzt und – auch sehr wichtig- Telefonate möglichst zu vermeiden, wenn Videomöglich war. So habe ich über die Monate festgestellt, dass man auch im digitalen Raum Energie verliert.

Wie hat sich Ihr Sprechen im Laufe der Karriereleiter verändert?

Mein Mann findet ich spreche jetzt deutlicher als früher. Laut habe ich eigentlich schon immer gesprochen, aber jetzt ist es für mein Empfinden weniger anstrengend die Lautstärke lang zu halten, was gerade in großen Räumen von Vorteil ist.

Mit der Zeit tritt ja eine gewisse Routine ein. Das hat natürlich seine guten und schlechten Seiten. Einerseits hat jeder eine motivierte und zugewandte Antwort verdient, andererseits gehört es eben zum alltäglichen Geschäft Dinge mehrmals an verschiedene Adressaten zu kommunizieren. Da kommt man vielleicht manchmal etwas gelangweilt rüber, was aber mehr der Wiederholung als dem Thema geschuldet ist. 

Was würden Sie anderen Politikern bezüglich der Stimme und des Sprechens empfehlen?

Ich empfinde es als sehr hilfreich Personen, die thematisch wenig beteiligt sind, also keinen emotionalen Bezug zum Thema haben zu fragen, wie die Rede wirkt. Oft fragt man nur die Menschen, die selbst sehr involviert sind und denen fällt es naturgemäß schwer die Sachen neutral zu bewerten. So ist es zum Beispiel für einen alt gedienten Abgeordneten etwas ganz anderes eine politische Rede im Landtag zu bewerten als für einen Zuhörer am Livestream, der vielleicht aus Interesse für ein bestimmtes Thema eingeschaltet hat. Ich finde es hilfreich zu prüfen „wen will ich eigentlich erreichen“ und dann auch mit denen darüber zu sprechen, was sie verstanden haben. Der Empfänger bestimmt eben zu einem großen Teil die Nachricht. Das ist eine wichtige Erkenntnis.

Haben Sie schon einmal Vorurteile aufgrund der Stimme oder des Sprechens bei anderen aufgebaut, die sich dann nach näherem Kennenlernen revidiert haben?

Wenn auch keine Vorurteile, dann aber zumindest ein gewisses Bild. Gerade jetzt während der Pandemie hat die Stimme ja nochmal eine besondere Bedeutung gewonnen, denn wir haben ja wesentlich weniger persönlichen Kontakt gehabt und ungleich mehr telefoniert.

Auf welche drei Punkte achte Sie bei anderen Menschen beim ersten Eindruck?

Die Augen, den Gesamteindruck der Kleidung und die Hände. Ich kann persönlich viel mit Mode anfangen, aber weniger, weil mich Trends interessieren, sondern weil ich durchaus wahrnehme, dass die Kleidung eine Art ist sich auszudrücken. Sie sagt viel über den Menschen aus, der sie trägt.

Die Augen sind zudem ein wichtiger Faktor für mich, weil man die Augen schwer manipulieren kann. Gerade Personen in Führungsfunktionen sind oft auch Expert:innen im Bereich der Körpersprache. Die Augen hingegeben kann man schwer steuern, ein ehrlicher Blick ist schwer zu imitieren und sagt viel aus.

Früher wäre es der Händedruck gewesen, den ich auch als ganz prägend für den ersten Eindruck empfinde, jetzt achte ich mehr auf die Hände im Allgemeinen. Dabei steht weniger das Aussehen im Fokus, als das, was die Hände tun. Wird rumgespielt mit dem Kugelschreiber, ruhen die Hände entspannt etc.

Was empfehlen Sie jungen Berufseinsteigern bezügliche der Stimme und des Sprechens in Ihrer Branche?

Ich denke es ist wichtig sich zu überlegen, wie man wirken will und – je nach Situation – wie man vielleicht wirken muss. Habe ich eine schwierige Beratung mit lauter Unbekannten vor mir, oder gehe ich heute in ein Meeting mit meinem Team, das ich für eine intensive Woche motivieren möchte, oder ist heute ein Jubiläum, oder der Tag, an dem ich mein Gehalt neu verhandeln will. Es ist gerade am Anfang wichtig sich zu fragen: Wie wirke ich, wenn ich mein „Normal-Null“ abliefere. Und von da aufbauend, kann man sich verschiedene Werkzeuge aneignen mit denen die erwünschte Wirkung erzielt werden kann. Auf jeden Fall lohnt es sich in die eigene Stimme zu investieren, schließlich gehen wir ja auch alle zum Frisör, bevor wir ein Bewerbungsfoto schießen lassen.

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