Wovon hängt der Erfolg des Stimmtrainings ab? Teil II (III)
Eigenes Üben:
Jeder weiß: Ohne Fleiß kein Preis! Das ist natürlich auch im
Stimmtraining so. Für Ihr eigenes Vorankommen macht es einen
erheblichen Unterschied, ob Sie nur im Unterricht konzentriert üben
oder sich auch zu Hause Zeit für Ihre Stimme nehmen. Viele Elemente
im Stimmtraining sind ein reines Muskeltraining und somit eine
Fleißarbeit. Den meisten Menschen ist nicht bewusst, dass die Lippen
oder die Zunge auch Muskeln sind, die man trainieren kann, wie die
Bauchmuskulatur. Dieser Punkt hat einen großen Vorteil, denn anders
als Musikalität oder eine schnelle Auffassungsgabe, die einem zum
Teil angeboren ist, hat man den eigenen Fleiß konkret in der Hand.
Ziele:
Wichtig für den Erfolg des Stimmtrainings sind natürlich auch die gesteckten Ziele. Auch die Dauer der
Ausbildung hängt davon maßgeblich ab. Wollen Sie „nur“ Ihren
Dialekt verbessern oder Ihrer Stimme mehr Wohlklang und Tiefe
verleihen oder soll auch die Stimmkraft geschult werden? Ich habe oft
Klienten, die mit dem Ziel zu mir kommen, laut vor einem großen
Publikum zu sprechen. Oft ist die Stimme aber so versteckt, dass der
erste Schritt sein muss, die Stimme auf ein normales Maß der
Unterhaltungslautstärke zu bekommen. Erst wenn dieser Standpunkt
gefestigt ist, kann auch an der tatsächlichen Stimmkraft gearbeitet
werden, welche benötigt wird, um einen großen Raum zu füllen oder
sich über einen Geräuschpegel hinwegsetzen zu können.
Meiner Meinung nach ist die Behebung eines Dialektes auch eine
überwiegende Fleißarbeit. Wer die gelernten Artikulations- und
Geläufigkeitsübungen regelmäßig übt, kann innerhalb kürzester
Zeit große Erfolge feststellen. Die Arbeit am Stimmklang erfordert
im besonderen Maße eine hohe Sensibilität und ein gutes Gehör.
Neben den Resonanz- und Klangübungen, die im Unterricht erlernt
werden, erscheint es mir fast die schwierigere Aufgabe, seine eigene
Feinfühligkeit für seinen Körper und seinen eigenen Stimmklang zu
schulen. Je nach eigener Sensibilität kann dieser Prozess mehrere
Wochen aber auch Monate dauern.
Eine gesunde Rufstimme, auch Kraftstimme genannt, ist für mich
das „i-Tüpfelchen“ in der Stimmarbeit. Ist eine Stimme gefestigt
und gut ausgebildet, ist der Übergang meist fließend in eine
gesunde Kraftstimme. Im besten Falle ist die Stimme beim Rufen frei,
unangestrengt und mit einer guten ganzkörperlichen Beteiligung. Eine
generell selbstbewusste Grundeinstellung und körperliche Fitness
sind hierbei förderlich.
Soll zusätzlich auch an Präsentationen, Bühnen- oder
Mediensprechen gearbeitet werden, erfordert dies noch einmal einen
größeren Mehraufwand im Stimmtraining. Voraussetzung ist jedoch in
allen drei Bereichen eine gefestigte Stimme, die bereits in das
alltägliche Sprechen integriert ist.
Lehrer – Schülerverhältnis:
Die Arbeit an der Persönlichkeit erscheint mir die größte
Herausforderung im Hinblick auf die Stimme. Denn der schwierigste
Schritt ist, sich mit dem neuen Klang zu identifizieren. Es erfordert
Mut, alte Muster loszulassen und sich für die „neue Stimme“ zu
öffnen. Ich gebe zu, dass manche Stimmübungen auch ein Stück
Überwindung kosten. Ein befreiter Klang, hat immer etwas mit
„enthemmen“ zu tun – Blockaden, die uns hemmen loszulassen. Schon
ein befreites Gähnen oder Seufzen ist in unserer Gesellschaft
unschicklich, obwohl es eigentlich ein natürlicher Körperimpuls
ist. Wunderbar kann man das an Kindern sehen. Sie gähnen einfach,
wenn ihnen danach ist. Ohnehin können Kleinkinder, die gerade das
Sprechen lernen, ein Vorbild für uns sein. Sie experimentieren
fröhlich mit ihrer Stimme, plappern vor sich hin und wiederholen
teilweise so lange Lautverbindungen, bis diese verinnerlicht sind.
Dieses Ausprobieren der Stimme soll Teil der Stimmarbeit sein. Dies
erfordert natürlich ein hohes Maß an Vertrauen zum Stimmtrainer.
Vielleicht kennen Sie das auch aus der Schule: Der Schulerfolg war
eng damit verbunden, ob man den Lehrer mochte oder nicht – wo die
Chemie gestimmt hat. Suchen Sie sich deshalb einen Trainer, dem Sie
vertrauen und vor allem, wo Sie sich trauen können.